Blauer Dunst, Doping und schwere Stürze

Blauer Dunst, Doping und schwere Stürze

Wenn es gegangen wäre, dann hätten die Radprofis die Bahn in Rotterdam einfach nur über eine Rampe verlassen sollen, um reibungslos in Bremen weiter zu fahren. Aber so blieb für die Hälfte der Starter kaum Zeit, nach der Siegerehrung zu packen und schnellstmöglichst nach Bremen zu düsen. Das galt auch für Patrick Sercu, der sich beim Schlussakkord in Holland am Mittwochabend noch persönlich von der Fitness seiner Fahrer überzeugt hatte. Nicht dabei war Vorjahressieger Iljo Keisse. Den hatte das Gespann Sercu/Minder wegen einer positiv verlaufenen Doping-A-Probe kurzerhand ausgeladen.
Keine schweren Beine, dafür aber einen zumindest heißen Kopf hatte Box-Weltmeister Felix Sturm. Der sagte zunächst aus diesem Grund sein Startschuss-Engagement ab. 40 Grad Fieber – keine Chance. Dann aber tauchte er doch auf und schickte mit der inzwischen verpflichteten Box-Weltmeisterin Ina Menzer die Fahrer auf die Stunden-Reise. Und als Augenweide gesellte sich auch noch die Musical-Figur Marie Antoinette hinzu.
Zwei Themen beherrschten auch in diesem Jahr die Diskussionen: Rauchverbot und Doping. Vor allem der verbotene blaue Dunst erzürnte Frank Minder nach wie vor. Angesichts deutlicher Lücken im Innenraum und auf den Tribünen in Halle 1 sprach er von einem „Tod auf Raten“. Das schrecke Besucher und potentielle Gäste ab, schob er die Schuld auf die Politik. „Die rennen alle zum Rauchen in die Hallen 4 und 5“, wo gepafft werden durfte. Doch die Senatorin blieb hart. „Eine Ausnahmegenehmigung für Halle 1 gibt es nicht“!
Erik Zabel, reuiger Dopingsünder nach seiner „Beichte“ zwei Jahre zuvor, zeigte sich kompromissbereiter. „In der Halle gibt es ein perfektes Abluftsystem. Da merkt man nichts vom Zigarettendunst“. In Sachen Doping stellte er klar: „Ich bin durch damit“. Und weiter: „Nach dieser Saison höre ich endgültig auf.“
Frank Minder lehnte sich besonders weit aus dem Fenster. „Wir haben hier ein sehr dichtes Prüfungsnetz. Wenn es bei uns einen Dopingfall gäbe, gebe ich sofort die Schlüssel ab!“ Und weiter hieß es in einem Interview dieser Zeitung: „Irgendwann kommst du an den Punkt, wo du diesen Schwachsinn nicht mehr ertragen kannst.“
Ganz ähnliche Gedanken äußerte auch Patrick Sercu. Ob und wie lange er noch als sportlicher Leiter verschiedener Rennen weiter machen wolle, wurde er gefragt. „Lange nicht mehr“, so seine damalige Antwort. Vor allem für Bremen malte der Belgier schwarz. „Zu groß, zu teuer, zu aufwändig“, befand er.
Schließlich stand doch der Sport im Mittelpunkt. Tragisch wurde es jedoch für Robert Bartko/Andreas Beikirch, die als Favoriten gehandelt wurden. Ein Sturz von Beikirch, der mit Lendenwirbelbruch in ein Krankenhaus kam, beendete alle Titelambitionen. Doch es kam noch schlimmer. Das Finale endete vorzeitig.  Wenige Runden vor Schluss lösten Marvulli/Pollak einen Massensturz aus, in den fast alle vorn liegenden Paare verwickelt waren. Erik Zabel und Leif Lampater freuten sich daher kaum über ihren Sieg. Im Vorjahr noch um Reifenbreite geschlagen setzten sie sich mit einem 15-Punkte-Vorsprung vor den rundengleichen Marvulli/Pollack und Risi/Stam durch, die beim Abbruch des Rennes die weiteren Plätze einnahmen. Statt aufs Treppchen waren Pollack und Stam auf dem Weg ins Krankenhaus. (kpb)

 

Die Sieger des 45. Rennens:

Erik Zabel/Leif Lampater (Berlin/Stuttgart)

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