Luftballons statt Startschuss-Knall

Luftballons statt Startschuss-Knall

Nach dem hyper-spektakulären Auftritt von Florence Grifith-Joyner im Vorjahr waren alle gespannt, ob es beim Start noch eine Steigerung geben könnte. Viele Namen waberten durch die Gerüchteküche. Unter anderem wurde DDR-Eislaufstar Katharina Witt (kurz nach der Maueröffnung und der Wende fast schon naheliegend) und auch Werders Meistertrainer Otto Rehhagel favorisiert. Doch es kam völlig anders. „Wir sind für außergewöhnliche Entscheidungen bekannt“, kommentierte Stadthallen-Direktor Heinz Seesing eine überraschende Alternative. „Starter wird das Publikum“ – Luftballons statt Startschuss-Pistole. „Wenn die knallen, werden es die Fahrer schon hören“, meinte der „Weiße Hai“, wie Seesing ob seiner hellen Haarpracht oft scherzhaft genannt wurde.
Drei Mädchen vom SOS-Kinderdorf aus Worpswede standen stellvertretend parat und gaben den Start frei. Eine Mark für jeden Besucher des Eröffnungsabends versprachen die Organisatoren als Spende für das Kinderdorf. Zuzüglich weiterer Spenden kamen immerhin 20 000 D-Mark zusammen.
„Das Spektakel wirkte etwas müde“, so ganz ohne Scheinwerfer und Halligalli, hieß es später. Umso rasanter ging es auf der Bahn zu, wo es gleich in der ersten Jagd zu einer spektakulären Szene kam: Die italienischen Mitfavoriten Bincoletto/Martinello stürzten schwer und fuhren nach einer längeren Behandlungspause dem Feld nur noch hinterher – mit am Ende 14 Runden Rückstand. Interessant: Der Stand nach der aller ersten Jagd war auch der Endstand nach fünf Tagen und sechs Nächten: Danny Clark/Roland Günther vor den Köln-Gewinnern Andreas Kappes/Etienne de Wilde und Urs Freuler/Volker Diehl (der zuvor in Köln an der Seite des Grippekranken Stan Tourné immerhin Zweiter geworden war). Und das rundengleich, nur durch das Punktekonto getrennt.
Vieles stand in diesen Tagen noch unter dem Eindruck der Ereignisse vom November des Vorjahres. So zeigte sich DDR-Radweltmeister Michael Hübner beim Sprinter-Cup erstmals westdeutschem Publikum, gewann und war sich doch noch nicht sicher, ob er vom Amateur- ins Profilager wechseln wolle. Der SV Werder machte sich später zu einem Freundschaftsspiel zu Empor Rostock auf, gastierte aber zuvor noch bei einem Hallenfußballturnier in Berlin.
Zwei Fahrer dieses 26. Rennens, die einen besonderen Eindruck von Bremen hatten, obwohl sie Stadt vielleicht gar nicht kennen lernten, kamen aus Argentinien. Die Brüder Gabriel und Juan Curuchet. Am Ende lagen sie mit 31 Runden Rückstand auf Rang zehn und bekannten: „Alle haben immer gesagt, das Rennen in  Bremen sei das schwerste überhaupt. Aber für uns Jungprofis ist es mehr: Es ist die Hölle.“

 

Die Sieger des 26. Rennens:

Danny Clark / Roland Günther (Australien / Wiesbaden)

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